Dies Domini – Pfingstsonntag, Lesejahr B
Wie kommt es, verehrte Leserinnen und Leser, dass ein in der öffentlichen Wahrnehmung so wenig prägnantes Fest, dessen spezifischer Gehalt wohl selbst den meisten Christen nicht ganz präsent sein wird, es auf zwei Feiertage bringt?
Weihnachten, das liegt bei diesem stimmungsvollen Kerzenschein- und Glühweinfest auf der Hand, kann gar nicht lange genug sein, wenn auch der zweite Feiertag mit dem Martyrium des Hl. Stephanus doch etwas als Spaßverderber auftritt. Und Ostern hat mit der Erzählung von den Emmaus-Jüngern am Ostermontag ein Highlight, um uns von der Freude des Abendmahls Jesu mit seinen Jüngern über den Absturz in den Tod am Karfreitag und durch die Höllennacht des Karsamstags bis zum österlichen Auferstehungsmorgen in den kirchlichen Alltag zu begleiten, ohne je wieder die Begegnung mit dem Auferstandenen zu vergessen. Aber der Pfingstmontag? Die Kirche nennt ihn das Fest Mariens, der Mutter der Kirche. Müsste das nicht Maria Magdalena als erste Auferstehungszeugin sein? Zwar auch nur eine „Knallzeugin“: die erst etwas mitbekommt, wenn es geschehen ist. Aber immerhin.
Irgendwie gibts zu Pfingsten auch weder Weihnachtsmänner noch Osterhasen, nicht mal Friedenstauben. Das Ganze franst aus.
„Alle wurden in die Gegenden von Judäa und Samarien zerstreut…“. (Apg 8,1)
Und das, stelle ich mir vor, könnte das Geheimnis von Pfingsten und seiner Bedeutung für uns heute sein: es franst in unser Leben aus, es wirkt manchmal wie ein Tropfen, der aus einer Quelle von woanders herkommt, mal wie ein Lichtstrahl aus einer anderen Welt, manchmal wie ein Echo aus einer anderen Zeit: aber der Geist wirkt, bei dem einen so, bei anderen anders, wie eben auch wir verschieden sind:
„Und es erschienen ihnen Zungen, wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie ist der Geist sie ihnen eingab. .… Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kapadokien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Kyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber – wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden.“ (Apg 2, 3ff.)
Ist das nicht vielleicht das Geheimnis des Pfingstfestes und dann auch jede Rechtfertigung für den zweiten Feiertag, dass die Vielfalt kein Hindernis für die Verbreitung des Geistes in der Welt ist, sondern ihre Vorbedingung. Multikulti, Diversität und Relativismus mitten im Dogma von der Trinität. Dem Fremden, sei er auch aus Phrygien und Pamphylien, sollten wir in Respekt und Toleranz begegnen. Schließlich tut der Heilige Geist es auch.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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